Preissenkung und Energiepreisbremse – was ihr jetzt wissen müsst
15.05.2023
8 Minuten
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Die Energiepreisbremsen sind da und mit ihnen einige Fragen. Was müssen Verbraucher jetzt tun? Wie setzen sich die Energiepreise zusammen? Wie lange hält die finanzielle Entlastung und was kommt danach? Wir geben die Antworten.
Autor: Mainova Redaktion
Bild: Podcast-Moderatorin Emely und Podcast-Moderator Marco mit Mainova Experte Jörg Schulze Steinen
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Strom, Gas, Wärme – Energie hat einen wesentlichen Anteil an unseren monatlichen Kosten. Und zuletzt mussten wir dafür doch deutlich tiefer als gewohnt in die Tasche greifen. Nun sind die Energiepreisbremsen da und mit ihnen einige Fragen. Was ist zu tun? Wie setzen sich die Preise für Strom, Gas und Wärme zusammen? Wie lange hält die finanzielle Entlastung – und was kommt danach? Um euch diese zu beantworten, hat sich unser Podcast-Team mit Jörg Schulze Steinen zum Interview getroffen. Als Abteilungsleiter im Privat- und Gewerbekunden-Vertrieb bei Mainova verfolgt er seit Langem die Entwicklungen am Energiemarkt und ist ein echter Experte in puncto Energiepreise. Er erklärt, wie die aktuelle Preissenkung zustande kommt und wie die staatlichen Entlastungen funktionieren. Lest das Wichtigste zu dem spannenden Thema hier kompakt nach!
Aktuelle Entwicklungen am Energiemarkt
Redaktion: Jörg, vielen Dank, dass du dir Zeit nimmst, um über die Energiepreisbremsen und die aktuelle Lage am Markt zu sprechen. Fangen wir doch direkt mit letzterer an. Für Mainova-Kunden – oder auch ganz generell – gehen derzeit die Preise für Strom, Gas und Wärme ja etwas runter. Unter anderem spielen das milde Wetter und der niedrige Gasverbrauch eine Rolle. Wer genau profitiert jetzt davon?
Schulze Steinen: Das hängt natürlich davon ab, bei welchem Versorger man seinen Vertrag abgeschlossen hat. Wir haben jetzt in der Tat für unsere Kundschaft eine Preissenkung zum 1. Juni angekündigt – worüber wir unsere Kunden auch schriftlich informiert haben. Aber das geht momentan von Mainova aus.
Redaktion: Was ist anders als vor einem halben Jahr? Wie ist es möglich, dass Mainova jetzt eine Preissenkung anbieten bzw. weitergeben kann?
Schulze Steinen: Das hängt zum größten Teil damit zusammen, dass die Verbräuche zurückgegangen sind und wir im Prinzip jetzt Rückvermarktungen machen konnten. Diese Kostenvorteile geben wir an unsere Kunden weiter.
Energiepreise und Beschaffung
Redaktion: Kannst du kurz erklären, wie sich die Energiepreise zusammensetzen, also was am Ende wirklich auf der Rechnung steht?
Schulze Steinen: Einen großen Anteil an den Preisen haben die Beschaffungskosten, also das, was wir für den Bezug von Strom und Gas bezahlen. Dann kommen noch Netzentgelte sowie Steuern und Abgaben dazu. Bei den Beschaffungskosten muss man berücksichtigen, dass wir diese Mengen immer längerfristig, auch im Vorhinein, kaufen und beschaffen. Die Preise, die man heute als Kunde sieht, bilden somit die Beschaffungskosten über einen längeren Zeitraum hinweg ab. Das sind nicht die Preise für Restmengen, die an den Spot-Märkten derzeit günstiger verkauft werden.
Redaktion: Das heißt, wenn ich heute einen Preis zahle, basieren die Kosten für diesen Preis auf einer Beschaffung im Zeitraum vor circa einem halben oder 1 Jahr vorher?
Schulze Steinen: Genau. Aber die Frage bezüglich der Preisentwicklung ist auch: Von welchem Ausgangsniveau kommen wir? Grundsätzlich sinken die Preise jetzt nicht. Wenn Freunde mich auf die Energiepreise ansprechen oder einfach fragen ‚Was passiert mit meinen Energiekosten?‘, dann sinken diese momentan nicht. Denn dabei geht es immer um den Zeitraum, den man sich anschaut.
Redaktion: Du meinst, dass wir derzeit immer noch auf einem viel höheren Niveau sind als beispielsweise vor 2 bis 3 Jahren?
Schulze Steinen: Exakt. Klar, wir haben jetzt zum 1. Juni eine Preissenkung angekündigt und die kommt auch, aber das gesamte Preisniveau ist schon deutlich höher als vor 1 Jahr oder auch vor einem halben Jahr. Wenn wir zum 1. Juni unsere Preise senken und auch die Gas- und Strompreisbremse einbeziehen, wirkt das natürlich dämpfend. Aber das Preisniveau insgesamt – also das, was ich als Kunde für meine Energie bezahle – ist hoch und bleibt auch erst einmal höher.
Versorgungssicherheit im Fokus
Redaktion: Dann lass uns kurz darauf eingehen, was Mainova z. B. in der Beschaffung anders macht als Billiganbieter am Markt …
Schulze Steinen: Wir wollen für unsere Kunden ein verlässlicher Partner sein. Uns ist es wichtig, dass wir die Kunden auch in schwierigen Zeiten versorgen können. Das ist, glaube ich, der wesentliche Unterschied. Das hat man gerade in diesen turbulenten Zeiten am Energiemarkt gesehen, als Versorgungssicherheit keine Selbstverständlichkeit mehr war. Es ist einfach ein schwieriges Geschäft, so zu planen, dass man auch in einer angespannten Marktsituation Versorgungssicherheit bieten kann. Selbst zum Jahreswechsel haben wir immer noch Kunden bzw. deren Notversorgung übernommen. Für Gewerbe- oder Geschäftskunden zum Beispiel gibt’s nicht zwingend eine Ersatzversorgung und für manche Unternehmen ist kein Grundversorger eingesprungen. Da haben wir die Notversorgung übernommen.
Redaktion: Du hast eben erwähnt, dass die Preissenkung zum 1. Juni umgesetzt werden soll. Ist das für jeden Kunden individuell oder kann man pauschal sagen, um wieviel ct/kWh es sich handelt?
Schulze Steinen: Das hängt tatsächlich vom individuellen Tarif ab.
Redaktion: Ein kleiner Blick in die Zukunft. War es das jetzt mit der Preissenkung? Kann das Niveau konstant gehalten werden oder geht die Tendenz vielleicht sogar weiter nach unten?
Schulze Steinen: Was momentan sinkt sind kurzfristige Preise, weil es draußen deutlich wärmer ist. Die meisten Versorger haben dadurch tendenziell zu viel Menge. Das, was der einzelne Versorger jetzt zu viel hat, ist auf dem Markt günstig zu haben. Die Nachfrage ist einfach geringer als das Angebot. Daher sinken gerade die Preise. Davon kann man allerdings nicht sicher ableiten, ob das Preisniveau dauerhaft günstig bleibt. Insgesamt ist der Energiemarkt nach wie vor turbulent.
Redaktion: Warum ist es für Kunden riskant, immer auf das günstigste Angebot zu setzen?
Schulze Steinen: Wenn Anbieter ihre benötigten Mengen nur kurzfristig beschaffen, gibt es bei kurzfristigen Preiserhöhungen auch keine Möglichkeit zum Ausgleich. Dann komme ich als Anbieter schnell in wirtschaftliche Schwierigkeiten und kann meine Kunden nicht mehr versorgen. Genau das haben wir die letzten 1,5 Jahre gesehen.
Man verspricht den Kunden ja schließlich einen Preis und muss zu diesem auch liefern. Wenn sich das Angebot aber nicht mehr realisieren lässt und ein Preis versprochen wurde, ohne die Mengen tatsächlich schon beschafft zu haben, führen steigende Beschaffungskosten zu einem Verlust. Muss ein Anbieter dann aus dem Geschäft aussteigen, steht der Kunde ohne Versorger da.
Redaktion: Und dann springen Grundversorger wie Mainova ein?
Schulze Steinen: Genau. In den letzten 1,5 Jahren haben wir ca. 20.000 Haushalte übernommen.
Die Strom- und Gaspreisbremse im Detail
Redaktion: Sprechen wir über das Thema Energiepreisbremsen. Die Bundesregierung hat beschlossen, Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen zu entlasten. Energieversorger werden diese Entlastung bei der Abrechnung berücksichtigen und 1:1 weitergeben. Jetzt aber die spannende Frage aus Verbrauchersicht: Muss ich selbst aktiv werden? Muss ich z. B. ein Formular ausfüllen oder mich bei Mainova melden?
Schulze Steinen: Nein, Haushaltskunden müssen sich weder melden noch Formulare oder Anträge ausfüllen. Von der Preisbremse profitiert man automatisch.
Redaktion: Die Preisbremse gilt für Strom, Gas und Fernwärme. Ab wann genau und wie sieht die Umsetzung bei Mainova aus?
Schulze Steinen: Die Preisbremsen sind am 1. März in Kraft getreten, gelten aber rückwirkend seit Jahresbeginn. 80 % des Vorjahresverbrauchs werden preislich gedeckelt. Ich zahle also für 80 % meines Vorjahresverbrauchs den Maximalpreis, der gesetzlich vorgegeben ist. Bei Strom liegt der Preisdeckel bei 40 ct/kWh, für Gas sind es 12 ct/kWh und bei Fernwärme 9,5 ct/kWh. Dabei handelt es sich jeweils um Bruttopreise mit Mehrwertsteuer. Verbrauche ich mehr als die 80 % des Vorjahres, wird dies zum normalen Tarifpreis abgerechnet.
Redaktion: Angenommen, ich habe einen Vertrag, der über der Preisbremse liegt. Dann habe ich z. B. bei Strom die Sicherheit, maximal 40 ct/kWh für 80 % meines letzten Jahresverbrauchs zu zahlen?
Schulze Steinen: Der Vorjahresverbrauch ist im Kern das, worum es geht, ja.
Redaktion: Hast du ein Beispiel dafür, wie sich der Entlastungsbetrag zusammensetzt?
Schulze Steinen: Ich kann es grob berechnen. Eine Familie verbraucht 4.500 kWh Strom/Jahr, das sind pro Monat 375 kWh. Ohne Preisbremse läge der Abschlag für Mainova-Kunden bei ca. 172 € im Monat. Mit Preisbremse, die ja 80 % des Vorjahresverbrauchs bei 40 ct/kWh deckelt, zahle ich etwa 155 €. Ich spare durch die Preisbremse also ungefähr 18 bis 20 € pro Monat. An dieser Stelle sei aber noch einmal erwähnt: Das Preisniveau lag früher bei rund 115 €, war also deutlich niedriger.
Redaktion: Du hast bereits gesagt, dass die Preisdeckelung im Grunde seit Januar 2023 gilt, quasi rückwirkend. Wird die Entlastung mit den kommenden Monaten verrechnet?
Schulze Steinen: Das wird auf der Jahresverbrauchsabrechnung abgerechnet und auch ausgewiesen. Das heißt, wenn man ab März seine Jahresverbrauchsabrechnung bekommt, dann wird die Preisbremse für die vorherigen Monate berücksichtigt.
Redaktion: Wie lange gilt die Preisbremse? Für das Jahr 2023 oder wird diese wieder ausgesetzt, sobald die Marktpreise mit der Deckelung im Einklang sind?
Schulze Steinen: Aktuell ist es so, dass die Preisbremse auf jeden Fall bis Ende 2023 gilt – mit einer Verlängerungsoption bis Ende April 2024. Dann soll sie auslaufen.
Redaktion: Die Preisbremse ist eine gesetzliche Anforderung und klingt zunächst nach einem Selbstläufer. Ist die Umsetzung so einfach, wie es scheint?
Schulze Steinen: Überhaupt nicht. Die Umsetzung hält die gesamte Branche ziemlich in Atem. Die kompletten Abrechnungssysteme müssen umgerüstet werden. Das ist wirklich herausfordernd für die Kolleginnen und Kollegen. Die Preisbremsen wurden ja auch erst Ende Dezember beschlossen. Erst da wussten wir, wie die Mechanik genau funktionieren soll, mit welchen Einschränkungen und nach welchen Regeln. Die IT-seitige Umsetzung bedeutet einen hohen Aufwand.
Energiesparen bleibt richtig und wichtig
Redaktion: Als Kunde könnte man jetzt denken: Dann kann ich ja aufhören mit dem Energiesparen im Alltag. Aber was würdest du raten? Würdest du sagen: Ja, mit der Energiepreisbremse seid ihr „safe“?
Schulze Steinen: Nein, das würde ich nicht sagen. Die Energiepreisbremse gilt ja auch nur für 80 % des Verbrauchs. Und 20 % zu sparen ist gar nicht so einfach – da muss man sich schon bemühen! Von daher ist das Thema Energiesparen nach wie vor wichtig.
Ein Blick in die Zukunft
Redaktion: Jetzt noch mal ein Blick nach vorne, ein bisschen in die Glaskugel. Generell entspannen sich die Preise am Markt wieder etwas. Würdest du sagen, wir sind über den Berg?
Schulze Steinen: Ich glaube schon, dass wir insgesamt besser aufgestellt sind als im Vorjahr. Aber wir haben noch eine sehr fragile und wackelige Marktsituation. Daher ist es schwer vorherzusehen, ob die Preise jetzt noch viel weiter sinken – das glaube ich eher nicht –, ob sie seitwärts bleiben oder doch wieder steigen.
Redaktion: Ganz kurz zum Schluss: Was hat Mainova aus den letzten Monaten gelernt? Gibt es konkrete Erkenntnisse, z. B. im Bereich Kommunikation? Was könnt ihr im Sinne der Kundinnen und Kunden noch intensiver betreiben?
Schulze Steinen: Bisherige Selbstverständlichkeiten wie eben die Versorgungssicherheit wurden auf einmal hinterfragt – davon wurde ich auch persönlich überrascht. Viele Kundinnen und Kunden haben uns Fragen gestellt, die in der Vergangenheit nie aufgekommen sind, unter anderem: Kann ich mein Zimmer noch heizen? Wenn wir erneut in die gleiche Situation kämen, würden wir uns sicher anders darauf vorbereiten.
Über Jörg Schulze Steinen
Jörg Schulze Steinen arbeitet seit 14 Jahren bei Mainova und ist seit mehreren Jahren für den Privat- und Gewerbekunden-Vertrieb verantwortlich. Zuvor war er länger in der Telekommunikations- und IT-Branche tätig. Als Abteilungsleiter bei Mainova zählt es zu seinen Aufgaben, die Entwicklungen am Energiemarkt intensiv zu verfolgen und immer wieder aufs Neue genau zu analysieren. Diese fundierte Bewertung ermöglicht es, verantwortungsvoll zu entscheiden und vorausschauend die richtigen Maßnahmen einzuleiten, die die Erwartungen der Kundinnen und Kunden erfüllen. Abhängig von der jeweiligen Marktsituation können diese ganz unterschiedlich sein. Wenn Risiken erfolgreich minimiert und die Chancen der Marktentwicklung genutzt werden, bleibt die Versorgung auch in schwierigen Zeiten verlässlich.
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