Mit Wasserstoff die Energiewende gestalten

Energieversorgung

21.02.2023

6 Minuten

Bei der Gestaltung der Energiewende kann Wasserstoff eine führende Rolle einnehmen. Wir erklären, was dazu nötig ist, wie wir eines unserer Kraftwerke mit Wasserstoff betreiben möchten und wie man in Zukunft mit Wasserstoff heizen kann.

Eine Wasserstoffpipeline.

Autor: Mainova Redaktion

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Wasserstoff ist die Nummer 1 – zumindest im Periodensystem der Elemente. Auch für die Gestaltung der Energiewende kann H2 eine führende Rolle einnehmen. Was dazu nötig ist, wie Mainova eines ihrer Kraftwerke künftig mit Wasserstoff betreiben möchte und wie ihr in Zukunft mit Wasserstoff heizen könnt, das erfahrt ihr hier.

Die Nummer 1 im Periodensystem, Knallgasprobe, das häufigste Element im Universum, Elektrolyse, farblos, geruchslos, geschmackslos, tritt fast immer in Verbindung auf, wird flüssig erst bei -253 Grad Celsius – jeder von uns hat aus dem Chemieunterricht Erinnerungen an Wasserstoff. Im Periodensystem der Hoffnungsträger für die Energiewende steht Wasserstoff ganz oben. In Zukunft könnte durch das Gasnetz in Deutschland Wasserstoff fließen, werden Kraftwerke mit H2 Strom und Wärme erzeugen und Menschen ihre eigenen vier Wände mit Brennstoffzellenheizungen erwärmen. Was Wasserstoff so attraktiv macht: Bei seiner Nutzung entsteht kein CO2. Er ist gut speicherbar und lässt sich leicht transportieren.

Wasserstoff: eine Farbenlehre

Um die Potenziale von Wasserstoff für die Energiewende zu verstehen, beginnen wir mit einem Regenbogen. Grün, blau, türkis, aber auch rosa, orange, weiß und grau: Wasserstoff hat viele Farbcodes. Sie verraten, welches Verfahren (z. B. Elektrolyse, Pyrolyse, Dampfreformierung) für die Produktion des Wasserstoffs eingesetzt wird und welche Energiequelle dafür genutzt wird. Denn Wasserstoff ist zwar das häufigste Element in unserem Universum, kommt jedoch fast immer in Verbindung mit anderen vor, zum Beispiel zusammen mit Sauerstoff in Wasser (H2O) oder zusammen mit Kohlenstoff in Methan (CH4). Um Wasserstoff zu erhalten, muss er also gespalten werden. Das kostet Energie.

Dunkelgrün (Strom): Hier wird Wasserstoff durch Elektrolyse mit Strom aus erneuerbaren Quellen gewonnen, indem Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird.

Hellgrün (Mikroorganismen): Die Arbeitsgruppe Photobiotechnologie der Ruhr-Universität Bochum analysiert an Wasserstoff, der mithilfe von Mikroorganismen (Grünalgen) gewonnen wird. Auch Prof. Dr. Kirstin Gutekunst, Professorin für Molekulare Pflanzenphysiologie an der Universität Kassel, forscht daran, wie Cyanobakterien in eine effiziente Wasserstofffabrik verwandelt werden können.

Türkis: Türkisfarbener Wasserstoff ist ein Nebenprodukt der Methanpyrolyse. Dabei wird Methan in Wasserstoff und festen Kohlenstoff gespalten. Wie die Klimabilanz dieses Verfahrens ausfällt, hängt zum einen davon ab, welche Energie für die Methanpyrolyse genutzt wird. Denn das Verfahren benötigt Temperaturen von mehr als 1.000 °C. Zum anderen kommt es darauf an, ob der Kohlenstoff dauerhaft gespeichert wird.

Blau: Hier werden Erdgas und erhitztes Wasser in Form von Dampf zusammengebracht. Es entstehen Wasserstoff und Kohlendioxid. Das CO2 wird dann abgeschieden, genutzt oder gespeichert (Carbon Capture, Utilisation and Storage – CCUS)

Rosa: Hier entsteht der Wasserstoff durch Elektrolyse mit Kernenergie.

Orange: Diese Farbe steht beispielhaft dafür, dass es manchmal schwierig ist, im H2-Farbenspektrum den Überblick zu bewahren. So hat der Deutsche Bundestag Wasserstoff, der direkt aus Biomasse oder mit Strom aus Müllheizkraftwerken erzeugt wird, als orange bezeichnet. Französische Forscher haben unlängst im Magazin „nature geoscience“ vorgeschlagen, durch Injektion von Wasser in eisenreiche Gesteinsschichten die Produktion von natürlichem Wasserstoff aktiv anzuregen und dies orangenen Wasserstoff zu nennen.

Weiß: Diese Farbe steht für Wasserstoff, der in natürlichen Lagerstätten vorkommt, also nicht im Labor oder in der Industrie produziert wird. Er entsteht tief unter der Erde, wenn Eisen und Wasser miteinander reagieren. Zum Beispiel wurde 1987 am Rande des Dorfes Bourakébougou in Mali ein 110 m tiefer Wasserbrunnen gebohrt. Dabei stieß man auf eine Gasblase, die zu 98 % aus Wasserstoff besteht. Kurz darauf entstand eine Pilotanlage, die seitdem das Dorf mit Strom versorgt. Der Umfang der weltweiten Vorkommen ist noch genauso unklar wie die Klimabilanz bei der Förderung.

Braun/schwarz/grau: Als grauer Wasserstoff wird Wasserstoff aus fossilen Brennstoffen bezeichnet, bei dem das CO2 nicht aufgefangen wird (also ohne CCUS). Manchmal wird hier noch zwischen schwarzem (aus Steinkohle) und braunem Wasserstoff (aus Braunkohle) unterschieden. Grauer Wasserstoff macht derzeit etwa 70 % der weltweiten Produktion aus.

Gewinnung von Wasserstoff durch verschiedene Verfahren – Regenbogengrafik mit Farbcodes

Großes Potenzial in allen Sektoren

Die Potenziale von Wasserstoff sind enorm. Er ist ein maßgeblicher Energieträger, um die gesamte Volkswirtschaft zu dekarbonisieren. Denn er kann in allen Sektoren (Strom, Mobilität, Wärme) einen Beitrag zur Klimaneutralität leisten. Dabei ist selbstverständlich grüner Wasserstoff am attraktivsten. Jedoch haben weder Deutschland noch Europa in absehbarer Zeit die Möglichkeit, erneuerbare Energien in dem Umfang zu erzeugen, wie sie nötig wäre, um den gesamten Wasserstoffbedarf zu decken. In Verbindung mit CCUS können auch blauer und türkiser Wasserstoff deshalb zumindest für eine Übergangszeit ebenfalls auf die Klimaziele einzahlen. Bis erneuerbare Energien in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen, ist Technologieoffenheit gefragt. Mainova hat gemeinsam mit anderen Unternehmen angeboten, die hessische Landesregierung beim Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft zu unterstützen.

Bestehende Infrastrukturen nutzen

Ein großer Pluspunkt für den Einsatz von Wasserstoff ist: Teile der nötigen Infrastruktur sind bereits vorhanden. Das vorhandene Gasnetz – Mainova ist zum Beispiel für 4.000 km in der Region Frankfurt Rhein/Main verantwortlich – ist in der Lage, mit wenigen Anpassungen in Zukunft auch grüne Gase wie Wasserstoff zu transportieren. Es müssten also keine zusätzlichen Leitungen gebaut werden. Mainova ist schon heute dabei, mit dem Projekt MH2Regio und der Umrüstung des Heizkraftwerks West von Kohle auf Gas (H2-ready) die ersten Schritte in Richtung Dekarbonisierung durch Wasserstoff zu gehen.

MH2Regio: Aus Müll wird Mobilität

Bei MH2Regio haben wir gemeinsam mit der Stadt Frankfurt und der Frankfurter Entsorgungs- und Service GmbH (FES) untersucht, ob es im Müllheizkraftwerk in der Nordweststadt möglich sein könnte, aus Müll Wasserstoff zu erzeugen, zu speichern und zu verteilen. Die Antwort dank einer Softwaresimulation lautet: Ja, es ist möglich und Frankfurt wäre ideal, um eine regionale Wasserstoffinfrastruktur aufzubauen und so die urbane Verkehrswende mit klimaschonenden Kraftstoffen voranzubringen. Nun arbeiten die Projektpartner an der Umsetzung und prüfen, unter welchen Voraussetzungen ein Elektrolyseur (z. B. am Müllheizkraftwerk) wirtschaftlich in Betrieb genommen werden kann. MH2Regio ist bundesweit eines der ersten Projekte, das sich mit dem Aufbau einer regionalen Infrastruktur beschäftigt, die Wasserstoff für den Schwerlast-, Güter- und Binnenschiffsverkehr erzeugt und verteilt.

HKW West: Umbau erfolgt H2-ready

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Bereits begonnen hat der Umbau des HKW West. Dort ist Mainova beim sogenannten „Kohleersatzprojekt“ dabei, die beiden Steinkohleblöcke durch Gasturbinen mit Abhitzekessel zu ersetzen. Im ersten Schritt wird auf Erdgas umgestellt. Die Umsetzung wird bis 2026 abgeschlossen sein und bereits 400.000 Tonnen CO2 jährlich einsparen. Mainova plant aber bereits heute einen weiteren Schritt voraus und macht das Kraftwerk H2-ready. Damit wird es künftig in der Lage sein, klimaneutrale Gase wie Wasserstoff. Dann erhalten mehr als 20.000 an die Fernwärme angeschlossene Frankfurter Haushalte Wärme, die aus Wasserstoff erzeugt wurde.

Hier könnt ihr Wasserstoff kennenlernen

Ihr habt Interesse, euch ein bisschen mit Wasserstoff vertraut zu machen? Prima! Das könnt ihr im Rhein-Main-Gebiet im Mobilitätssektor schon heute tun. Die Mainova-Beteiligung book-n-drive hat zum Beispiel fünf Wasserstofffahrzeuge in ihrer Flotte. In Frankfurt fährt die Buslinie 36 zwischen dem Westbahnhof und dem Hainer Weg in Sachsenhausen mit einem Bus mit Brennstoffzellentechnologie, der auf den schönen Spitznamen „Wasserstöffche“ hört. Die FES wird ab Herbst ein wasserstoffbetriebenes Müllfahrzeug auf Frankfurts Straßen schicken. Und der RMV hat angekündigt, die größte Brennstoffzellenflotte der Welt mit 27 Zügen aufzubauen. Sie sollen auf den Strecken von Frankfurt nach Bad Soden, Königstein und Brandoberndorf genauso eingesetzt werden wie zwischen Friedrichsdorf und Friedberg. Eine öffentliche Wasserstofftankstelle könnt ihr euch z. B. im Industriepark Frankfurt-Höchst anschauen. Sie ist bereits seit 2006 in Betrieb. Im Industriepark fällt grauer Wasserstoff als Nebenprodukt der Chemieindustrie an.

Heizen mit Wasserstoffbrennwertheizungen

Eine Beteiligung von Mainova, der Stadtwerkeverbund Thüga, führt ab Sommer 2023 das deutschlandweit beachtete Pilotprojekt H2Direkt zum Heizen mit Wasserstoffbrennwertheizungen durch. Dabei wird ein Teil des Gasnetzes abgetrennt und mit grünem Wasserstoff betrieben. Zehn Haushalte und ein Gewerbebetrieb im Ort Markt Hohewart bei Ingolstadt werden ab der Heizperiode 2023/2024 für zunächst 18 Monate mit Wasserstoff heizen. Das H2 für die Brennwertheizungen wird aus einem Tank stammen, der regelmäßig via LKW aufgefüllt wird. Das Pilotprojekt ist eine Premiere: Zum ersten Mal in Deutschland werden Teile eines Gasnetzes komplett mit grünem Wasserstoff betrieben.

Über weitere spannende Entwicklungen halten wir euch natürlich auf dem Laufenden! Mehr Infos zur Gestaltung der Energiewende, aber auch zu allen weiteren Themen wie E-Mobilität oder unserem regionalen Engagement findet ihr immer hier im Blog sowie auf Instagram, Facebook und YouTube.

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