Energieeffizienz und Nachhaltigkeit im Rechenzentrum – Digitaler Wandel der Data Center

Energieeffizienz

14.10.2021

8 Minuten

Damit der digitale Wandel in allen Wirtschaftsbereichen gelingt und die Klimaziele der Europäischen Union und Deutschland eingehalten werden, müssen die Spannungsfelder zwischen Energieverbrauch, CO2 Emissionen und ökologischer Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Erfolg adressiert und gelöst werden. Dazu bedarf es adäquater Rahmenbedingungen für die Digitalisierung.

Nachhaltigkeit und Energieeffizienz im Rechenzentrum

Bei der Data Center Experience DCE 2021 treffen sich in regelmäßigen Abständen Experten und Anwender der Data Center Branche zum interdisziplinären Austausch von Planung, Betrieb, technologischer Weiterentwicklung, Energieversorgung und Sicherheit von Rechenzentren an verschiedenen Orten in Deutschland. Der anwendungsorientierte Dialog dient auch der Sensibilisierung der politischen Stakeholder und ist damit regional und national ein wichtiger Impulsgeber für den technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt.


Die Live-Shows der Datacenter Experience fanden dieses Jahr bereits viermal statt (Hamburg | Stulz, Mannheim | Socomec, Frankfurt am Main | Mainova und Berlin | NTT) , der letzte Termin im November steht noch aus: 25.11.2021 in Ratingen bei INNIO Jenbacher. 

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Interview des VDE Rhein-Main e.V. mit Christian Flöring, Sachgebietsleiter Key Account Management bei der Mainova AG und Carsten Pinnow, Vorstandsvorsitzender des ETV Berlin Brandenburg im VDE am 6. Oktober 2021 in Berlin im Rahmen der DCE 2021

VDE Rhein-Main: Christian, am 16. September hast Du in Frankfurt am Main im Rahmen des Expertentreffen Data Center Experience DCE 2021 bei der Mainova AG Frankfurt am Main als die deutsche Hauptstadt der Rechenzentren und als globalen Internet-Knotenpunkt bezeichnet. Heute nimmst Du in Berlin an der nächsten DCE teil. Wie siehst Du das RZ Potential in Deutschland?

Mainova: Ich sehe in Berlin aber vor allem im Rhein-Main-Gebiet ein riesiges Wachstumspotential für Rechenzentren. Erst kürzlich hat z.B. Philipp Justus, Googles Zentraleuropa-Chef mitgeteilt, dass der US-Technologiekonzern für den Bau zweier neuer Rechenzentren in Deutschland mehr als eine Milliarde € investieren wird. Damit soll die wachsende Nachfrage nach Cloud-Diensten befriedigt werden. Geplant ist der Bau zweier neuer deutscher Rechenzentren im Rhein-Main-Gebiet, unweit vom weltgrößten Internetknoten DE-CIX entfernt, und im Großraum Berlin.

VDE Rhein-Main: Carsten, insbesondere die Investition in Berlin wird Dich als Vorsitzender des ETV Berlin-Brandenburg im VDE und IT-Sicherheitsexperte sicherlich freuen.

ETV | VDE: Ja natürlich. Erst einmal möchte ich mich aber bei Günter Eggers dafür bedanken, dass er als NTT Repräsentant das diesjährige Data Center Experience DCE-Expertentreffen in Berlin mitorganisiert. Er hat übrigens in einem Gespräch mit Staatssekretär Christian Rickerts zurecht darauf hingewiesen, „dass Moderne Rechenzentren – neben weitverzweigten Glasfasernetzen – das Fundament der gesamten digitalen Wirtschaft bilden.“ Der ETV Berlin-Brandenburg stimmt mit NTT überein, dass wir in Deutschland, wenn wir Digitale Souveränität erreichen wollen, politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen setzen müssen, die den wettbewerbsfähigen Betrieb leistungsfähiger und sicherer Rechenzentren in unserem Land ermöglichen sollen. Dazu gehören auch akzeptable Strompreise und schnelle Genehmigungsverfahren.

VDE Rhein-Main: Christian, das ist eine Forderung, die auch die Mainova als Energieversorger anspricht…

Digitaler Wandel und das Erreichen der Klimaziele

Mainova: Damit der digitale Wandel in allen Wirtschaftsbereichen gelingt und die Klimaziele der Europäischen Union und Deutschland eingehalten werden, müssen die Spannungsfelder zwischen Energieverbrauch, CO2 Emissionen und ökologischer Nachhaltigkeit und wirtschaftlichem Erfolg adressiert und gelöst werden. Dazu bedarf es adäquater Rahmenbedingungen für die Digitalisierung. Wir müssen deshalb insbesondere kleine und mittlere Unternehmen frühzeitig auf einen digitalen und nachhaltigen Wandel vorbereiten. 


Hinweis: Eine nachhaltige Klimastrategie sollte in die Unternehmenskultur jedes Unternehmens integriert werden. Denn Wirtschaftlichkeit und Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens sind ebenso wichtig wie das Erreichen der Klimaschutzziele.

Lösungen zur Steigerung der Energieeffizienz in Unternehmen finden Sie hier.


VDE Rhein-Main: Rechenzentren spielen weltweit als Basisinfrastruktur der Digitalisierung eine wichtige Rolle. Die Vorträge unserer Experten zeigen, dass deren Leistungsfähigkeit und Verfüg­barkeit in Deutschland stetig weiterentwickelt werden, es aber regional unterschiedlich noch viel Nachholbedarf für eine bessere Breitband-Infrastruktur gibt. Das enorme zusätzliche Wert­schöpfungspotenziale durch Digitalisierung kann nur so ausgeschöpft werden.

ETV | VDE: Ich unterstütze in diesem Zusammenhang die Initiative des eco Verband der Internet­wirtschaft zur Stärkung Digitaler Infrastrukturen in Deutschland. Gemeinsam müssen wir das politische und wirtschaftliche Bewusstsein für die Chancen und Herausforderungen der Digitali­sierung stärken und die Notwendigkeit einer synergetischen Kooperation der Stakeholder deutlich machen. Mehr dazu

Mainova: Durch den European Green Deal ist die CO2-Neutralität aller Rechenzentren bis 2030 wegweisend. Wir haben uns bei der Mainova AG in Frankfurt am Main gemeinsam mit der German Datacenter Association (GDA) über die daraus resultierenden Auswirkungen und Herausforderungen für den deutschen Datacenter-Markt ausgetauscht. Nachhaltigkeit und Energie gehören aus meiner Sicht untrennbar zusammen.

VDE Rhein-Main: In einem der letzten Newsletter des #DataCenter-Insider wurde veröffentlicht, dass „… die Digitalisierung in Deutschland boomt – und Frankfurt zu ihren weltweit wichtigsten Zentren zählt.“ In der „Hauptstadt der deutschen Digitalwirtschaft“ seien inzwischen mehr als 40 internationale Rechenzentrumsbetreiber vor Ort.

Mainova: … und das nicht ohne Grund: Immer mehr Global Player der Datacenter-Branche vermarkten in Frankfurt ihre Services im Bereich Hosting, Serverhousing und Colocation. Mit dem DE-CIX befindet sich in der Mainmetropole der gemessen am Datenfluss größte Internet-Knotenpunkt der Welt. Sein Volumen beträgt über 10 Terabit Daten, die in Frankfurt pro Sekunde verarbeitet werden. Solche gigantischen Datenkreuze sind für Rechenzentren besonders attraktiv. (Anm. der Redaktion: Wer es genau wissen will, findet hier mehr Infos der Bundesnetzagentur)

VDE Rhein-Main: Diese Rechenzentren machen zusammen inzwischen ein Fünftel des gesamten Strombedarfs der Stadt aus.

ETV | VDE: Seit rund zwei Jahren hat sich der Zuzug internationaler Cloud-Anbieter nach Frankfurt noch einmal beschleunigt, vor allem getrieben durch den Online-Handel. Zu den Kunden der Rechenzentren gehören unter anderem Telekom- und DAX-Konzerne, Internet-Firmen und Unternehmen der Finanzindustrie, genauso wie öffentliche Auftraggeber oder der Mittelstand. Sie alle wollen vermehrt ihre gespeicherten Daten auslagern. Denn die dafür nötige digitale Infrastruktur auf dem Stand der Technik zu halten, ist teuer. Die Rechenzentrumsbetreiber stellen ihren Kunden dazu die Infrastruktur zur Verfügung, wo unter strengster Bewachung und hermetischer Abriegelung unzählige Hochleistungsrechner betrieben werden. Hierbei geht es sowohl um funktionale als auch IT- Sicherheit, die Kühlung der Server und eine unterbrechungsfreie Stromversorgung der Rechner.

Wachsender Strombedarf nicht nur im größten Internet-Knotenpunkt der Welt

VDE Rhein-Main: Nach Angaben der Betreiber steigt die Nachfrage aktuell sehr schnell. Grund dafür ist die Digitalisierung sämtlicher Geschäfts- und Lebensbereiche. Neben der zunehmenden Smart­phone-Nutzung, Streaming im Internet und Datenspeicherung in der Cloud verlangen auch „intelligente Technologien“ nach neuen Flächen. Hierzu gehören das Internet der Dinge, Industrie 4.0, Künstliche Intelligenz oder auch autonome Fahrzeuge.

Mainova: Dabei stellen die Rechenzentren höchste Ansprüche an eine sichere und zuverlässige Stromversorgung. Mainova beliefert derzeit Rechenzentren mit über 1 Terawattstunde  Strom im Jahr. Dabei sind wir in puncto Versorgungszuverlässigkeit europaweit Spitze. Mit einer durchschnittlichen Unterbrechungsdauer von sieben Minuten im vergangenen Jahr lagen wir deutlich unter dem bundesweiten Mittel von rund 11 Minuten. Mehr dazu

VDE Rhein-Main: In diesem Zusammenhang spricht die Mainova von einem sog. „Drei-Säulen-Konzept“

Mainova: Für Mainova und seinen Netzbetreiber NRM hat die zuverlässige Versorgung oberste Priorität und ist gleichzeitig ein wichtiger Standortvorteil. Frankfurts Stellung als internationales Finanz- und Dienstleistungszentrum, Luftfahrtdrehkreuz und IT-Knotenpunkt hängt in hohem Maße vom reibungslosen Funktionieren seiner digitalen Infrastruktur ab.

  1. Säule Nummer eins unseres Versorgungskonzeptes ist die optimierte Netzarchitektur. Ringnetzstrukturen im Mittelspannungsbereich sorgen dafür, dass im Fall eines Kabelfehlers eine Wiederversorgung innerhalb kürzester Zeit erfolgen kann.
  2. Die zweite Säule bildet Frankfurts doppelte Anbindung an das Höchstspannungsnetz von Tennet TSO über jeweils ein Umspannwerk im Norden und Süden der Stadt. Zudem liegt die Mainmetropole an der Grenze zum Übertragungs­netzgebiet von Amprion und kann deshalb im Notfall auch Strom aus dieser Regelzone beziehen.
  3. Die dritte Säule stellen die Mainova-Kraftwerke im Stadtgebiet dar. Diese bilden mit einer elektrischen Erzeugungsleistung von bis zu 425 Megawatt eine zusätzliche Absicherung bei Engpässen oder Störungen im vorgelagerten Übertragungsnetz.

Mit diesem Drei-Säulen-Konzept ist Frankfurt bestens gerüstet, um den Herausforderungen des wachsenden Energiehungers an die Stromnetzinfrastruktur gerecht zu werden. Damit dies so bleibt, investiert Mainova jedes Jahr konsequent in den Erhalt, die Modernisierung und den Ausbau von Netzen und Anlagen, wie Umspannwerken. Allein 1,3 Milliarden € flossen in den vergangenen zehn Jahren in die regionale Infrastruktur.

VDE Rhein-Main: Carsten, willst Du zum Ende unseres Gesprächs ein Statement aus Sicht des ETV-Berlin Brandenburg abgeben?

ETV | VDE: Aus Sicht des VDE eines technisch-wissenschaftlichen Verbandes haben Thema wie IT-Sicherheit und Energieeffizienz bei Rechenzentren einen hohen Stellenwert. Ereignisse rund um Ransomware, Cyberangriffe und andere Schad-Software-Attacken finden immer wieder unsere Aufmerksamkeit. Aktuell sensibilisiert uns aber die Natur für ganz andere Bedrohungslagen. Wir sehen z.B. die dramatischen Auswirkungen eines Hochwassers auf alle Lebensbereiche. Oder wir sehen die Auswirkungen eines Großbrandes bei einem Public-Cloud-Anbieter wo Services lange Zeit zusammengebrochen und Daten für immer verloren gingen. Ich denke uns ist allen klar, dass IT-Sicherheit schon bei der grundsätzlichen Konzeption und Planung eines Rechenzentrums beginnt und dass diese letztlich physisch umgesetzt werden muss.

VDE Rhein-Main: Vielen Dank für das Gespräch.

Mehr Infos zur Datacenter Experience und Anmeldung zu den Events:  https://www.datacenter-experience.com/home_de.html 

Zum letzten Gastgeber: Die DCE am 6. Oktober in Berlin fand bei NTT Global Data Center EMEA GmbH statt. NTT ist ein globaler Technologie-Dienstleister, der aktuell seine Präsenz in Deutschland verstärkt. Mehr als 30.000 Quadratmeter an Rechenzentrumsfläche befinden sich derzeit im Bau. Dadurch vergrößert NTT sein bestehendes Angebot, darunter die Standorte Frankfurt, München und Berlin, um mehr als 40 %.

Die Erweiterungen umfassen:

  • Bauarbeiten für ein neues Gebäude am Standort „Frankfurt 1 Data Center“. Dieses Gebäude wird eine zusätzliche IT-Fläche von 4.300 Quadratmetern und eine maximale IT-Last von 7,3 MW (Megawatt) bereitstellen. Die Eröffnung ist für das zweite Quartal 2022 geplant.
  • Eröffnung von zwei neuen Gebäuden am „Frankfurt 4 Data Center“-Campus im Sommer 2021. Beide Gebäude werden dem Standort eine zusätzliche IT-Fläche von jeweils 4.700 Quadratmetern und eine maximale IT-Last von 6 MW (12 MW im Vollausbau) bieten.
  • Eröffnung eines zweiten Gebäudes an der Metro-Site „München 2 Data Center“. Mit dem kürzlich in Betrieb genommenen Gebäude verfügt das Rechenzentrum nun insgesamt über eine IT-Gesamtfläche von 6.200 Quadratmetern und 9,2 MW an kritischer IT-Last. Darüber hinaus ist es als DE-CIX Enabled Site seit Kurzem an das DE-CIX-Interconnection-Ökosystem angeschlossen. NTT bietet seinen Kunden somit direkten Zugang zu allen DE-CIX-Interconnection-Services, einschließlich GlobePEER, Virtual PNI und Cloud Exchange Services.
  • Ausbau am Standort „Berlin 1 Data Center“. Das neue Gebäude, das kürzlich in Betrieb genommen wurde, stellt eine zusätzliche IT-Fläche von 2.500 Quadratmetern und eine IT-Last von 5 MW bereit.
  • Neuer Standort mit dem „Berlin 2 Data Center“ und einer anfänglichen IT-Gesamtfläche von 10.000 Quadratmetern und einer IT-Last von 24 MW verteilt über zwei Gebäude. Beide Bauteile sollen im ersten Quartal 2022 eröffnet werden.
  • Vereinbarung über den Bau eines Build-to-Suit-Rechenzentrums mit dem zweiten Bauteil am Standort „Rhein-Ruhr 1“ (Bonn), das 4,8 MW IT-Last und 2.620 Quadratmeter IT-Fläche bieten wird.

Günter Eggers, Head of Public Sector & Healthcare von NTT hat in einem Gespräch mit Staatsekretär Christian Rickerts, Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und Betriebe des Landes Berlin über die Bedeutung digitaler Ökosysteme für den Standort Berlin darauf hingewiesen, „…dass trotz des enormen Fortschritts im Bereich Energieeffizienz und Energieeinsparung der Strombedarf für die über 1.000 Rechenzentren in Deutschland steigen wird.“ Dies lenke den Fokus auf die flächen­deckende Bereitstellung von regenerativer Energie. Eggers bezeichnet die „Digitale Infrastrukturen der Rechenzentren als Garant für die nachhaltige Digitalisierung unserer Wirtschaft. „…die Grundlage hierfür sei eine hohe Breitbandverfügbarkeit.“ Mehr Informationen auf Youtube.


Mehr Informationen zu den Themen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit für alle, die regelmäßig auf dem Laufenden bleiben möchten:

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Christian Flöring

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