Strom- und Gaspreisentwicklung – ein historisches Jahr an den Energiemärkten
24.01.2022

Viele Faktoren, ein Effekt: Energiekosten auf Rekordniveau
„Nie dagewesene Preisdynamik“, „Energie bald unbezahlbar“: Eine Schlagzeile jagte im vergangenen Jahr die nächste und im Markt herrscht nach wie vor große Nervosität. Hier die richtige Versorgungsstrategie zu finden, bereitet Unternehmen Kopfzerbrechen. Um adäquat zu reagieren, ist es umso wichtiger, die komplexen Entwicklungen zu verstehen. Wir erläutern Ihnen, was die Strom- und allen voran die Gaspreiserhöhungen derart beschleunigt hat, und welche Faktoren weiterhin maßgeblich sind.
Regelmäßig informieren wir Sie in unserem Newsletter „Energy Weekly“ und zeigen Ihnen mit Analysen und Prognosen, wie Sie diese herausfordernde Situation meistern.
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Die Gaspreisentwicklung im Rückblick
In den letzten Monaten haben die Energiepreise ungeahnte Höhen erreicht. Hier sind als Impulsgeber vor allem die Großhandelspreise für Erdgas zu nennen – mit erheblichem Einfluss auf Kohle und Strom. Ein Beispiel: Im September 2021 etwa kostete eine Megawattstunde Gas mit Lieferung im Jahr 2022 THE (Trading Hub Europe) durchschnittlich 41,49 €/MWh. Das sind knapp 28 €/MWh mehr als im Jahresmittel 2020 (13,79 €/MWh). Bis Mitte Dezember wurde fast die 80-Euro-Marke erreicht.

Noch drastischer zeigte sich die Gaspreiserhöhung bei der kurzfristigen Beschaffung am Spotmarkt. Nach einem Rekordstand in der Woche vor Weihnachten konnten erst die Feiertage den Höhenflug ein wenig ausbremsen.
Nachfolgend erklärt: wesentliche Gründe für den Preisanstieg und Auswirkungen auf den Preistrend
- Leere Speicher und sinkende Gasflüsse
- Nachfrageboom und Temperaturprognosen
- Preistreiber am Strommarkt
Leere Speicher und sinkende Gasflüsse
Aber warum sind vor allem die Gaspreise so stark gestiegen? Da sind zunächst die unglaublich niedrigen Stände in den Gasspeichern, die zu Versorgungsängsten am Markt geführt haben. Noch im Spätsommer waren die europäischen Gasspeicher unter 72 % befüllt, verglichen mit einem Füllstand von über 94 % im Jahr zuvor. Bei tendenziell sinkenden Gasflüssen wurden die Reserven langsamer aufgefüllt.
Wetter, Weltmarkt und Weltpolitik
Um diese Entwicklung einzuordnen, blicken wir zurück auf den Winter 2020/21. Dieser war vergleichsweise kalt und die Nachfrage am Gasmarkt entsprechend hoch. Hinzu kam, dass es schon früh im ersten Halbjahr eine Windflaute gab, sodass auch für die Stromerzeugung wieder mehr konventionelle Energie genutzt wurde.
Wo viel verbraucht wird, wird’s teuer. Auch in Asien schoss der Gasbedarf witterungsbedingt in die Höhe und die schnelle Konjunkturerholung hat den Energiehunger konstant befeuert. Für kurzfristige Lieferungen von verflüssigtem Gas (LNG), auf welches Europa aufgrund einer geringeren Eigenförderung zunehmend angewiesen ist, wurden lukrative Preise gezahlt – mit deutlichem Einfluss auf die europäischen Notierungen. Die LNG-Importe gingen punktuell drastisch zurück und erst seit dem letzten Quartal nehmen wieder mehr Schiffe mit Flüssiggas Kurs auf Häfen in Europa. Ein wichtiger Beitrag zur Deckung des Gasbedarfs.
Alles in allem waren die hiesigen Gasspeicherreserven also stark begehrt. Die turnusmäßige Befüllung startete spät und auf einem eher niedrigen Füllniveau. Auch wenn nicht zu befürchten steht, dass uns das Erdgas ausgeht, blieb Europas Gasmarkt bis Jahresende knapp und damit anfällig für Störungen.
Entwicklung der Gasspeicherstände in Deutschland (in Mrd. cbm)

Und Störungen gab es im Jahresverlauf so einige. Im niederländischen Groningen etwa wurde die Gasförderung aus Sicherheitsgründen zuletzt stark gedrosselt, hinzu kamen geplante und ungeplante Wartungsarbeiten bei Gasfeldern in der Nordsee.
Doch die größte Importquelle ist Russland – und trotz rekordleerer Gazprom-Speicher und verlockender Preise in der EU hat sich der Konzern mehrfach gegen die Buchung zusätzlicher Pipeline-Kapazitäten entschieden. Dies kam für viele überraschend: Große Skepsis bzgl. der Versorgungslage trieb die Gaspreise nach oben. Kurz vor Weihnachten kam es zu einem Stopp der Gaslieferungen über die Jamal-Europa-Pipeline und sogar zur Umkehrung der Gasflüsse Richtung Polen. Der ohnehin nervöse Gasmarkt reagierte prompt. Zwar wurden die Lieferverpflichtungen durchgehend erfüllt, allerdings hätten Anzeichen für eine Ausweitung der Gasflüsse den Gaspreis entlasten können.
Russische Gasflüsse Richtung Nordwesteuropa als Treiber für Gaspreise

Was passiert mit Nord Stream 2?
Preisstützend wirkt die Tatsache, dass die Betriebserlaubnis für Nord Stream 2 weiter aussteht. Durch die Ostsee-Pipeline sollen jährlich bis zu 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland fließen. Mitte November hat die Bundesnetzagentur das Zertifizierungsverfahren der Nord Stream 2 AG „als Unabhängiger Transportnetzbetreiber“ allerdings ausgesetzt, bis die Organisation in einer Rechtsform nach deutschem Recht erfolgt.
Und es wird noch komplizierter. Selbst wenn die Bundesnetzagentur grünes Licht gibt, steht eine Prüfung durch die EU-Kommission an. Laut europäischer Gasrichtlinie hängt die Genehmigung davon ab, ob Leitungsbetrieb und Gasvertrieb ausreichend getrennt sind. Aus Regierungskreisen war zu hören, dass gemäß Koalitionsvertrag für Nord Stream 2 europäisches Energierecht gelte – und die Bedingungen derzeit nicht erfüllt seien. Insgesamt wird sich ein möglicher Start der Gaslieferungen noch einmal deutlich verzögern.
Klimaziele und Emissionshandel
Neben den sinkenden Gasflüssen spielte auch die Änderung des Klimaschutzgesetzes im Juni 2021 eine Rolle bei der Preisentwicklung, besonders bei Strom. Die Anpassung der Klimaziele hat die CO2-Preise steigen lassen. Der Markt für Verschmutzungsrechte ist längst ein relevanter Kostenfaktor bei der Stromerzeugung. Aus heutiger Sicht lässt das fundamentale Umfeld beim Emissionshandel keine spürbaren Rückgänge erwarten. Zudem will sich die Ampel-Koalition EU-weit für einen CO2-Mindestpreis einsetzen, der nicht unter 60 € pro Tonne liegen soll. Feststeht: Auch wenn Erdgas (zumindest für eine Übergangszeit) unverzichtbar bleibt, wird die nachhaltige Verringerung des CO2-Ausstoßes für Unternehmen immer wichtiger.
Preisverlauf im europäischen Emissionshandel

Nachfrageboom und Temperaturprognosen
Viele Wirtschaftszweige haben nach dem Corona-bedingten Einbruch schnell wieder Fahrt aufgenommen. Von Gas über Kohle bis Strom – der weltweite Konjunkturboom ließ die Preise international steigen. Doch die Ausbreitung der Omikron-Variante Ende des Jahres hat uns gezeigt: Jede Änderung der pandemischen Lage birgt ein Risiko für den wirtschaftlichen Verlauf. Das Ausmaß der „Ups and Downs“ wird auch von den Impfstoffen abhängen. Wenn etwa Booster-Impfungen gut wirken oder schnell angepasste Impfstoffe zur Verfügung stehen, sind weniger Rückwirkungen zu erwarten.
Und (fast) zum Schluss: das Wetter. Prognosen zu Kälteperioden oder milde Temperaturen etwa um Weihnachten haben in der angespannten Marktlage die Energiepreise wiederholt beeinflusst. Und das wird wohl auch so bleiben. Ob in Asien, Russland oder Europa, ein strenger Winter könnte den Nachfragedruck bei Erdgas und LNG-Importen weiter anfachen und sich direkt auf die aktuellen Gaspreise auswirken.
Strompreisentwicklung: Notierungen für Gas als Preistreiber
Leere Gasspeicher, die Unsicherheit über Nord Stream 2 – die Marktpsychologie hat das vergangene Jahr geprägt und dürfte neben den fundamentalen Faktoren mit preisbestimmend bleiben. Klar ist: Die steigenden Notierungen für Gas, Kohle und für CO2 waren wesentliche Treiber für Börsenstrompreise, begünstigt von der teils deutlich gesunkenen Windkrafterzeugung. Für mehr „schmutzigen“ Strom mussten kostspielige CO2-Zertifikate erworben werden. Kurz vor Jahresende wurden mit über 200 €/MWh Höchstwerte bei der Grundlast für das Frontjahr (Base 2022) erreicht. Relevant für die Strompreisentwicklung wird neben der Brennstoff- und EUA-Preisentwicklung auch der Ausbau der EE-Träger sein. Denn parallel zum laufenden Kohleausstieg gehen dieses Jahr die drei letzten Atomkraftwerke vom Netz.
Nur mit sauberem Strom zu kalkulierbaren Preisen wird die Versorgung fit für die Zukunft.
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