Umspannwerk Kruppstraße aus der Vogelperspektive

Großprojekt unter Hochspannung

Mit dem Neu- und Umbau des Umspannwerks Kruppstraße haben die Netzdienste Rhein-Main die Stromverfügbarkeit für Frankfurts Osten gesichert und auf künftige Entwicklungen vorbereitet.

Einblicke in eine Mammutaufgabe

Von der Straße ist nicht zu erkennen, was sich in dem Backsteingebäude hinter dem mannshohen Maschendrahtzaun verbirgt. Der Weg auf den Parkplatz führt an der Seite des Hauses vorbei, hinter dem sich noch ein weiteres, dieses Mal hell verputztes Gebäude verbirgt. Auch hier ist nicht zu sehen,   was sich hier in den vergangenen Jahren in diesem Komplex entwickelt hat. Licht ins Dunkle bringen zwei Mitarbeiter der Netzdienste Rhein-Main GmbH, einer Tochtergesellschaft der Mainova AG, die für den Frankfurter Energiedienstleister die Strom-, Gas- und Wassernetze betreut.

Mathias Hohmann und Manuel Nahlik kennen die beiden Gebäude bis ins letzte Detail. Hohmann leitete in den Jahren 2017 bis 2021 das Projekt „Netzerweiterung Frankfurter Osten“, bei dem u.a. das Umspannwerk Kruppstraße ausgebaut und saniert wurde, Nahlik war als Maßnahmenüberwacher für die Technik zuständig.

Ein 28-Millionen-Euro-Projekt auf den Punkt umgesetzt

Manuel Nahlik
Manuel Nahlik

Heute sitzen die beiden Fachleute – der erste ist Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik, der zweite Schaltmeister im Umspannwerk – entspannt im Büro, das ebenfalls bei der Sanierung auf den neuesten Stand gebracht wurde. Sie haben allen Grund dazu: Das Projekt, das 28 Millionen Euro kostete, haben sie im geplanten Zeit  - und Kostenrahmen beendet, und das im laufenden Betrieb. „Wir mussten hier ja während der Umbauarbeiten stets den Strom fließen lassen“, berichtet Manuel Nahlik von dem anstrengenden Projekt. Es wurde noch komplizierter, weil in Frankfurt auch andere Großprojekte wie der Riederwaldtunnel ganz in der Nähe umgesetzt wurden. Teilweise waren dutzende Gewerke gleichzeitig auf der Baustelle. Für den 36-Jährigen bedeutete das einen enormen Aufwand. Er musste die eigenen Arbeiter und die der Fremdfirmen einweisen, die Bauabschnitte planen und jeweils die Schaltungen vornehmen. Das bedeutete viel Verantwortung bei Hochspannung von bis zu 110kV.

Bevor die beiden Experten über den Ausbau sprechen, erklären sie zunächst, wie die Stromverteilung insgesamt funktioniert. „Der Strom kommt mit einer Spannung von 220kV oder 380kV von den Übertragungsnetzbetreibern an und wird auf 110kV runtergespannt. Wir übernehmen dann die Verteilung zu unseren Umspannwerken wie hier in der Kruppstraße“, startet Mathias Hohmann. 

Die hohe Spannung ist nötig, damit auf den weiten Wegen, die der Strom teilweise zurücklegt, wenige Leitungsverluste auftreten. „Anschließend müssen wir die Spannung für unsere Kunden aufbereiten. Wir transformieren sie zuerst auf 30kV bzw. auf 10kV“, sagt Manuel Nahlik. Mit 10kV geht es dann weiter in die Straßenzüge der Stadtteile. Dort findet dann in meist grauen Umspannanlagen die letzte Umspannung auf 0,4kV – anders ausgedrückt 400 Volt – für die Haushalte statt. 30kV hingegen benötigen zum Beispiel Industriekunden oder Rechenzentren. 

Weil es von diesen immer mehr gibt, war die Maßnahme im Frankfurter Osten im Stadtteil Seckbach nötig geworden. Eine Lastprognose im Jahr 2017 hatte gezeigt, dass die maximal mögliche Leistungsbereitstellung ab dem Jahr 2021 an ihre Grenzen stoßen könnte. Grund ist das Wachstum der Stadt wie auch die stetige Ansiedlung neuer Rechenzentren.

Mathias Hohmann
Mathias Hohmann

„Mainova und die NRM haben daraufhin beschlossen, die Übertragungskapazität zwischen dem Umspannwerk Nord und dem Umspannwerk Kruppstraße mit zwei weiteren 110-kV-Kabeln zu erhöhen“, erklärt Mathias Hohmann. Um die Leistung und genügend Kundenanschlüsse bereitstellen zu können, mussten die bestehenden 110-kV- und 30-kV-Anlagen angepasst bzw. erweitert werden.

Aus einen Umspannwerk haben wir zwei gemacht: So ermöglichen wir mit mehr elektrischer Leistung das Wachstum der Stadt Frankfurt.

Mathias Hohmann

State-of-the-Art-Projekt an historischem Ort

An diesem historischen Ort – der Backsteinbau stammt von 1924/25 – hat Mainova nun ein State-of-the-Art-Projekt umgesetzt. Im hinteren Gebäude der „Kruppstraße West“ zeigt Manuel Nahlik gerne den Schaltanlagenraum, in dem eine feuerwehrrot lackierte, gasisolierte 110-kV-Schaltanlage mit 14 Schaltfeldern aus Metallguss steht. „Durch den Einsatz von Isoliergas sparen wir sehr viel Platz“, sagt er. Im benachbarten 30-kV-Schaltanlagenraum, der deutlich größer ist, stehen noch ältere, luftisolierte Schaltfelder, die deutlich mehr Fläche beanspruchen.

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Die Schutz- und Leittechnik wurde für beide Schaltanlagen ebenfalls gemäß dem neuesten Stand der Technik ausgeführt. Der Gebäudeanbau an die „Kruppstraße Ost“ mit der neuinstallierten 30-kV-Anlage mit 23 Schaltfeldern war ein weiteres wichtiges Teilprojekt der Maßnahme. Kilometerlange Mittelspannungskabel mussten hierfür neu installiert werden.

Für Mathias Hohmann als Projektleiter war der Einkauf der Handwerksleistungen und Materialien ein weiteres, eigenes „Teilprojekt“. „Wir haben europaweit Aufträge mit einem Gesamtvolumen von ca. 18 Mio. Euro ausgeschrieben“, sagt der erfahrene Mitarbeiter, der seit 16 Jahren im Unternehmen tätig ist. Die Leistungen wurden an eine Vielzahl von Fremdfirmen vergeben, die wiederum mit Subunternehmern auf dem Gelände tätig waren. Die große Verantwortung dabei hat Hohmann nicht gestört. Denn er konnte sich, wie er sagt, auf mehrere unterstützende Faktoren verlassen. „Wir waren ein super Team und hatten sehr gute interne und externe Dienstleister“, beschreibt er das Zusammenspiel auf der Baustelle und bei der Planung. „Und wenn es einmal großen Entscheidungsbedarf gab, konnte ich diesen immer mit dem Lenkungsausschuss besprechen, den wir hier zum ersten Mal bei einem Großprojekt etabliert hatten. Das hat sehr geholfen – und so konnten wir dank Teamwork auch eine solche Maßnahme stemmen.“ 


  • Fast 23 Kilometer Hoch- und Mittelspannungskabel wurden verlegt.
  • 278 Tonnen Kupfer wurden verbaut.
  • 4660 Tonnen Erde wurden verladen.